Steuerblick Dezember 2023


Gesetzlicher Mindestlohn steigt zum 1.1.2024 auf 12,41 € und Anhebung der Minijobgrenze

Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1.1.2024 auf 12,41 € pro Stunde. Das hat auch Auswirkungen auf die Geringfügigkeitsgrenze (Minijob) und den Übergangsbereich:

  • Auf Grund der dynamischen Bindung der Geringfügigkeitsgrenze an den Mindestlohn erhöht sich ab dem 1.1.2024 die Geringfügigkeitsgrenze auf 538 €.
  • Entsprechend verändert sich auch die maximal zulässige Überschreitung der Minijobgrenze. Seit Oktober 2022 darf die Minijobgrenze innerhalb eines Zeitjahres nur noch in bis zu zwei Kalendermonaten überschritten werden. Minijobber dürfen in einem Kalendermonat maximal das Doppelte der Minijobgrenze verdienen. Ab 2024 sind dies dann 1 076 €. Auf das ganze Jahr gesehen ist es erlaubt, in begründeten Ausnahmefällen maximal das 14-fache der Minijobgrenze zu verdienen, so dass diese maximal 7 532 € im Jahr (aktuell: 7 280 €) verdienen dürfen.
  • Der Übergangsbereich geht ab 1.1.2024 von 538,01 € bis 2 000 €.

Handlungsempfehlung:

Bei Minijobbern ist mithin die arbeitsrechtliche Vereinbarung zu überprüfen. Die entsprechende Erhöhung der Geringfügigkeitsgrenze führt dazu, dass Minijobber bei Vergütung nach dem Mindestlohn auch in 2024 unverändert 43 Stunden pro Monat arbeiten können. Somit führt die Erhöhung des Mindestlohns nicht zum Erfordernis der Anpassung der Arbeitszeit. Allerdings muss die Entlohnung entsprechend angepasst werden.

Daneben ist bei Minijobbern das Auslaufen der Übergangsregelung zu beachten. Zum 1.10.2022 wurde die Minijobgrenze von 450 € auf 520 € angehoben. Diese Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze wurde von einer Übergangsregelung für den Lohnbereich zwischen 451 € und 520 € begleitet. Personen, die am 30.9.2022 in einer mehr als geringfügigen Beschäftigung versicherungspflichtig waren und seit dem 1.10.2022 aber unter die Geringfügigkeitsgrenze fallen, bleiben in dieser Beschäftigung längstens bis zum 31.12.2023 versicherungspflichtig, solange das Arbeitsentgelt 450 € übersteigt. Insoweit besteht nun spätestens zum 1.1.2024 die Notwendigkeit einer Anpassung des Lohns über die dann bestehende Geringfügigkeitsgrenze von 538 €, damit eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erhalten bleibt. Der Lohn muss ab dem 1.1.2024 also auf monatlich mindestens 538,01 € angepasst werden.

Hinweis:

Allerdings ist zu beachten, dass es etliche Branchen-Mindestlöhne gibt. Diese werden von Gewerkschaften und Arbeitgebern in einem Tarifvertrag ausgehandelt und von der Politik für allgemeinverbindlich erklärt. Branchen-Mindestlöhne gelten für alle Betriebe der Branche – auch für die, die nicht tarifgebunden sind. Zum 1.1.2024 werden verschiedene Mindestlöhne nach oben angepasst, so z.B. im Elektrohandwerk, in der Gebäudereinigung und im Maler- und Lackiererhandwerk.


Ermäßigter Umsatzsteuersatz für Restaurationsleistungen läuft nach derzeitigem Stand am 31.12.2023 aus

Seit der Corona-Zeit gilt für Restaurations- und Verpflegungsleistungen (mit Ausnahme der Abgabe von Getränken) der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 %. Nach derzeitigem Gesetzesstand läuft diese Regelung mit dem 31.12.2023 aus, so dass dann auf diese Leistungen wieder der reguläre Umsatzsteuersatz von 19 % zur Anwendung kommt.

Handlungsempfehlung:

Sollte der Gesetzgeber nicht eine erneute Verlängerung beschließen, müssen betroffene Unternehmer sich hierauf einstellen. Insoweit sind dann ab dem 1.1.2024 in den Kassen und Rechnungsprogrammen hinterlegte Preise zu ändern. Ggf. sind Preislisten usw. zu überprüfen. Individuell ist zu prüfen, ob die erhöhte Umsatzsteuer an die Kunden weitergegeben werden kann. Zu beachten ist dies insbesondere auch bei langfristigen Buchungen, z.B. für Feiern o.ä. Auch würde dann ab dem 1.1.2024 wieder die Unterscheidung zwischen Speisen zum Mitnehmen (dann 7 %) und zum Verzehr an Ort und Stelle (dann regelmäßig 19 %) erforderlich.


Überprüfung und ggf. Anpassung der Steuervorauszahlungen

Ist aktuell mit einem Rückgang des Ergebnisses zu rechnen, so sollte geprüft werden, ob eine Anpassung der Steuervorauszahlungen angezeigt ist. Die Herabsetzung von Steuervorauszahlungen ist stets zu prüfen, da dies ein einfaches und effektives Instrument zur Schonung der Liquidität ist. Aktuell ist eine Anpassung der Steuervorauszahlungen noch in folgendem Rahmen möglich (längere Fristen bei überwiegend Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft):

  • Die Anpassung der Vorauszahlungen für das Jahr 2022 ist bis zum 31.8.2024 (spätestens bis zum Erlass des Einkommensteuerbescheids) möglich und kann mittels Vorlage einer (vorläufigen) Gewinn- und Verlustrechnung und ggf. Ermittlung des steuerlichen Gewinns beantragt werden.
  • Die Anpassung der Vorauszahlungen für das Jahr 2023 ist bis zum 30.6.2025 möglich und kann bereits jetzt mittels Vorlage einer aktuellen BWA und einer Hochrechnung des voraussichtlichen Jahresergebnisses beantragt werden.
  • Ebenso sind die Vorauszahlungen für das Jahr 2024 in den Blick zu nehmen. Diese sind grds. bemessen nach der zuletzt vorliegenden Steuerveranlagung, also einem mehr oder weniger weit zurückliegenden Jahr. Liegt eine nutzbare Planung für 2024 vor, so kann auf dieser Basis eine Anpassung der Vorauszahlzungen geprüft und ggf. beantragt werden.

Grundstücks-GbR: Handlungsbedarf auf Grund des Inkrafttretens des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts zum 1.1.2024

Das zum 1.1.2024 in Kraft tretende Gesetz zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts (MoPeG) sieht vor, dass ein Gesellschaftsregister geschaffen wird, in das sich Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) eintragen lassen können. Im Gesellschaftsregister werden folgende Angaben erfasst:

  • Angaben zur Gesellschaft: Name, Sitz und Anschrift,
  • Angaben zu jedem Gesellschafter: wenn der Gesellschafter eine natürliche Person ist: dessen Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort; bzw. wenn der Gesellschafter eine juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft ist: deren Firma oder Namen, Rechtsform, Sitz und, soweit gesetzlich vorgesehen, zuständiges Register und Registernummer
  • Angabe der Vertretungsbefugnis der Gesellschafter.

Die Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister muss von sämtlichen Gesellschaftern notariell beglaubigt beantragt werden. Später eintretende Änderungen sind dem Registergericht anzuzeigen. Im Gesellschaftsregister eingetragene GbR müssen als Namenszusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ führen.

Vorteil der Eintragung einer GbR im Gesellschaftsregister ist, dass die Vertretungsbefugnisse eingetragen werden, so dass sich die Handlungsfähigkeit nach außen verbessert. So kann auch ein vertretungsbefugter Gesellschafter, dessen Vertretungsbefugnis sich aus dem Gesellschaftsregister ergibt, z.B. Mietverträge abschließen oder alleine gegenüber Mietern handeln.

Hinweis:

Als eingetragene Gesellschaft ist die eGbR zur Meldung ihrer wirtschaftlich Berechtigten zum Transparenzregister verpflichtet. Gegebenenfalls sind damit über das Transparenzregister Beteiligungsverhältnisse offenzulegen, die bisher nicht publik sind.

Im Übrigen ist die Eintragung einer GbR im Gesellschaftsregister im Grundsatz freiwillig. Allerdings ergibt sich vielfach mittelbar eine Eintragungspflicht. Hiervon betroffen sind insbesondere alle GbR, die Immobilien besitzen oder an Gesellschaften beteiligt sind, die ihrerseits im Handelsregister eingetragen sind (z.B. GmbH oder GmbH & Co. KG). Ab 2024 können in öffentlichen Registern, wie dem Grundbuch oder dem Handelsregister, zu Gunsten von GbR nur noch dann Rechte eingetragen werden, wenn die GbR ihrerseits im neuen Gesellschaftsregister eingetragen ist. Ist aktuell eine GbR bereits im Grundbuch (oder z.B. Handelsregister) eingetragen, so gilt zwar ein Bestandsschutz, jedoch werden diesbezügliche Änderungen nur dann eingetragen, wenn die GbR selbst im Gesellschaftsregister eingetragen ist.

Handlungsempfehlung:

Insbesondere für die in der Praxis weit verbreitete Immobilien-GbR wird eine Eintragung im Gesellschaftsregister also zwingend erforderlich sein.

Diskutiert wurde, ob das Inkrafttreten des geänderten Gesellschaftsrechts der Personengesellschaften ab dem 1.1.2024 steuerliche Auswirkungen hat. Insoweit ist folgender Stand festzuhalten:

  • Ertragsteuerlich wird es bei der bisherigen transparenten Besteuerung der Personengesellschaften bleiben. Insbesondere erfolgt eine Besteuerung vermögensverwaltender Personengesellschaften, wie Immobilien-GbR, auch zukünftig auf Ebene der Gesellschafter und diese erzielen insoweit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
  • Anders ist die Situation bei der Grunderwerbsteuer. Nach aktuellem Recht können Grundstücke von einem Gesellschafter auf eine Personengesellschaft und umgekehrt in weitem Umfang ohne Belastung mit Grunderwerbsteuer übertragen werden. Insbesondere ist daneben durch die Kombination mit der Grunderwerbsteuerbefreiung für Übertragungen an Personen, die mit dem Veräußerer in gerader Linie verwandt sind, z.B. die Übertragung einer Immobilie von den Eltern auf eine durch die Kinder begründete Grundstücks-GbR, ohne Steuerbelastung möglich. In diesen Fällen werden allerdings regelmäßig Behaltefristen ausgelöst, die für die Beibehaltung der Steuerfreiheit zwingend einzuhalten sind.
  • Aktuell ist nicht abschließend geklärt, ob diese Steuerbefreiungen ab dem 1.1.2024 weiter anwendbar sind. Nach aktuellem Stand sollen diese Steuerbefreiungen übergangsweise in 2024 noch anwendbar sein. Dies steht allerdings noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Bundesrats. Auch soll klargestellt werden, dass bis zum 31.12.2023 durch derart grunderwerbsteuerfreie Übertragungen ausgelöste Behaltefristen durch die Rechtsänderung im Gesellschaftsrecht nicht berührt werden, sondern nach bisherigem Recht weiterlaufen.

Handlungsempfehlung:

Sind kurzfristig Übertragungen von Grundstücken auf Personengesellschaften z.B. in Form von Grundstücks-GbRs vorgesehen, so sollte geprüft werden, ob diese noch realisiert werden unter dem aktuellen Recht. Hierzu sollte stets rechtlicher und steuerlicher Rat hinzugezogen werden.


Freiwillige Einlagen zur Sicherstellung der Verlustverrechnung

Bei Gesellschaftern, die für Schulden der Gesellschaft nur beschränkt haften, also insbesondere bei Kommanditisten, ist die Möglichkeit des Ausgleichs von ihnen zuzurechnenden steuerlichen Verlusten der Gesellschaft mit anderen positiven Einkünften grundsätzlich auf die geleistete Einlage begrenzt. Vor dem Hintergrund der in einigen Branchen schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen tritt vermehrt der Fall auf, dass die Gesellschaft 2023 mit einem steuerlichen Verlust abschließen wird. In diesen Fällen sollte die steuerliche Verrechenbarkeit der Verlustanteile der Gesellschafter mit anderen Einkünften geprüft werden. Ist eine steuerliche Verrechenbarkeit im Jahr 2023 nicht oder nicht vollständig zu realisieren, weil durch die Verluste das Kapitalkonto negativ würde oder dieses bereits im negativen Bereich ist, sind diese nur mit Gewinnanteilen aus dem Gesellschaftsanteil in Folgejahren verrechenbar (verrechenbare Verluste). Das Verlustverrechnungspotenzial kann u.U. durch geeignete Maßnahmen, die allerdings noch in 2023 ergriffen werden müssen, erhöht werden.

Handlungsempfehlung:

Zunächst ist erforderlich, dass ein etwaiger steuerlicher Verlustanteil schon vor dem Ende des Wirtschaftsjahrs möglichst exakt prognostiziert wird. Zur Sicherstellung einer umfassenden Verlustverrechnung stehen dann verschiedene Gestaltungsmaßnahmen (z.B. die Erbringung von Bar- und Sacheinlagen oder die Erhöhung des Kapitalkontos durch Umwandlung von Gesellschafterforderungen in eine gesamthänderisch gebundene Rücklage) zur Verfügung. Die Konsequenzen – v.a. auch nichtsteuerlicher Art – derartiger Maßnahmen sind bedeutsam, so dass dringend anzuraten ist, steuerrechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.

Zu beachten ist die aktuelle Rechtsprechung des BFH, nach der freiwillige Einlagen nur dann das Verlustverrechnungspotenzial erhöhen, wenn diese Einlagen gesellschaftsrechtlich zulässig sind. Eine hinreichende gesellschaftsrechtliche Grundlage kann sich aus einer ausdrücklichen Gestattung freiwilliger Einlagen des Kommanditisten im Gesellschaftsvertrag ergeben oder aus den gesellschaftsvertraglichen Regelungen zur Kontenführung herzuleiten sein. So kann der Gesellschaftsvertrag beispielsweise vorsehen, dass freiwillige Einlagen der Kommanditisten als Teil der Kapitalanteile oder aber als Rücklage auszuweisen sind. Eine gesellschaftsrechtliche Grundlage kann auch in einem wirksamen Gesellschafterbeschluss über die Zulässigkeit einer entsprechenden Einlage liegen.

Handlungsempfehlung:

In der Praxis muss also im Zweifel ein wirksamer Gesellschafterbeschluss gefasst werden.


Steuerermäßigung für Dienst- und Handwerkerleistungen im Privathaushalt

Bei der Einkommensteuer können nebeneinander folgende Steuerermäßigungen in Anspruch genommen werden:

  • 20 % der Aufwendungen im Privathaushalt für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und haushaltsnahe Dienstleistungen wie Rasenmähen, Fensterputzen oder Pflegeleistungen, höchstens 4 000 € p.a. und
  • 20 % der Aufwendungen für Handwerkerleistungen, also alle im eigenen Haushalt getätigten Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, höchstens aber 1 200 € p.a.

Handwerkerleistungen sind nur begünstigt, wenn sie im räumlichen Bereich eines vorhandenen Haushalts erbracht werden. Damit scheiden Handwerkerleistungen, die die Errichtung eines „Haushalts“, also einen Neubau, betreffen, aus.

Handlungsempfehlung:

Für die Steuerermäßigung werden nur der Lohnanteil sowie Maschinen- und Fahrtkosten, nicht dagegen der Materialanteil, berücksichtigt. Sollten die Höchstbeträge in 2023 noch nicht ausgeschöpft sein, ist zu überlegen, geplante Leistungen noch in das Jahr 2023 vorzuziehen. Zu beachten ist, dass die Steuerermäßigung nur bei Vorliegen eines Nachweises gewährt wird; es muss also über die Leistung eine Rechnung vorliegen. Da eine Barzahlung für die Steuerermäßigung nicht anerkannt wird, muss die Rechnung noch in 2023 durch Überweisung bezahlt werden, um die Kosten in 2023 noch geltend machen zu können.

Sofern die Höchstgrenzen in 2023 (Handwerkerleistungen max. 6 000 € und daneben haushaltsnahe Dienstleistungen max. 20 000 €) bereits ausgeschöpft sind, sollten die Zahlungen erst in 2024 erfolgen.

Hinzuweisen ist auf folgende aktuelle Entwicklungen:

  • Wird auf dem privat genutzten Einfamilienhaus eine Photovoltaikanlage errichtet und fällt diese unter die mittlerweile eingeführte Steuerbefreiung (installierte Leistung laut Marktstammdatenregister bis zu 30 kWp), so gewährt die FinVerw für die bei der Errichtung der Anlage entstandenen Kosten die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen. Das heißt, der angefallene Lohnaufwand für die Montage kann i.H.v. 20 %, maximal 1 200 € geltend gemacht werden.
  • Kosten für ein Hausnotrufsystem, welches im Notfall lediglich einen Dritten verständigt, selbst aber keine Hilfestellung beim Betroffenen leistet, können nicht geltend gemacht werden. Insoweit fehlt es an dem notwendigen Bezug der Leistung zum Haushalt des Stpfl.
  • Vom Stpfl. getragene Handwerkerkosten für die selbstgenutzte Wohnung können auch dann angesetzt werden, wenn die Wohnung selbst unentgeltlich – z.B. von einem nahen Angehörigen – überlassen wurde.
  • Bestätigt hat die Rechtsprechung, dass auch Mieter die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen geltend machen können. Der Nachweis der getragenen Kosten erfolgt über die Wohnnebenkostenabrechnung, eine Hausgeldabrechnung oder eine sonstige Bescheinigung durch den Vermieter bzw. den Verwalter einer Eigentumswohnung.

Verluste bei Kapitalanlagen

Sind Wertminderungen bei Kapitalanlagen eingetreten, ist zu prüfen, ob und inwieweit ihre Geltendmachung als ausgleichsfähige Verluste möglich und sinnvoll ist. Im Grundsatz erkennt die FinVerw mittlerweile – der Rechtsprechung folgend – Verluste aus Kapitalanlagen umfassend an, so z.B. der Verfall von Optionen oder das Wertloswerden von Knock-out-Produkten. Gegebenenfalls kann es sich anbieten, bis zum Jahresende noch bewusst eingetretene Buchverluste, z.B. durch Veräußerung der Wertpapiere, zu realisieren.

Problematisch ist allerdings die steuerliche Behandlung solcher Verluste. Gesetzlich wurden in mehrfacher Weise Verlustverrechnungsbeschränkungen umgesetzt. Grundsätzlich können Verluste bei Kapitalvermögen nur mit Gewinnen aus Kapitalvermögen verrechnet werden. Daneben bestehen eigene Verlustverrechnungskreise, z.B. für Aktienveräußerungsgeschäfte. Zudem ist die Verrechnungsmöglichkeit mittlerweile für etliche Kapitalverluste auf 20 000 € je Jahr begrenzt worden. Nicht verrechenbare Verluste können insoweit nur in späteren Jahren geltend gemacht werden. Insoweit muss individuell geprüft werden, ob sich Verluste bei Kapitalanlagen tatsächlich im aktuellen Jahr steuerlich auswirken.

Hinweis:

Allerdings ist fraglich, ob diese Verlustverrechnungsbeschränkungen verfassungsmäßig sind. So hat der BFH mit Beschluss vom 17.11.2020 (Az. VIII R 11/18) dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob die Verlustverrechnungsbeschränkung insoweit verfassungsgemäß ist, als Verluste aus der Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien verrechnet werden dürfen. In der Praxis sollten realisierte Verluste stets in der Steuererklärung geltend gemacht werden und eine Nichtberücksichtigung ggf. mit Hinweis auf das anhängige Verfahren verfahrensrechtlich offengehalten werden.

Besteht für Wertpapierdepots bei Kreditinstituten ein Verlusttopf (durch dort realisierte, aber nicht mit Erträgen verrechnete Verluste) und sollen die Verluste mit anderweitigen Kapitaleinkünften (z.B. bei einem anderen Kreditinstitut) verrechnet werden, ist es erforderlich, bis zum 15.12.2023 bei dem Kreditinstitut einen Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung über den nicht ausgeglichenen Verlust zu stellen, den die auszahlende Stelle dann nicht mehr vortragen kann. Eine Verrechnung erfolgt dann im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung.