Home-Office bei Grenzgängern und Sozialversicherung – Änderungen ab 1.7.20

Für Beschäftigte, deren Arbeitgeber sich in einem anderen Land befindet als ihr Wohnsitz, wird es einfacher. Diese können seit dem 1.7.2023 von erleichterten Bedingungen für das Home-Office profitieren, ohne dass sich an ihrer Sozialversicherungspflicht etwas ändert.

Bislang galt, dass die Sozialversicherung des Wohnsitzlandes gegriffen hat, wenn der Beschäftigte dort mehr als 25 % der Arbeitszeit im Home-Office arbeitete. Durch ein neues Rahmenabkommen wurde diese Grenze nun dauerhaft auf 50 % erhöht. Auf Antrag hin kann also auch bei Home-Office von bis zu 50 % weiter die Sozialversicherung des Staats des Arbeitgebers greifen. Die Regelung knüpft an eine Sonderregelung der Corona-Pandemie an.

Für Zwecke der Sozialversicherungspflicht gilt im Grundsatz:

  • Grenzüberschreitende Tätigkeiten in Telearbeit unterliegen grundsätzlich der Sozialversicherung des Mitgliedstaates der EU, an dem sich die Person und der Laptop befinden.
  • Ausnahmen bestehen für sog. Entsendungen (inkl. „workation“) und die regelmäßige Beschäftigung in zwei oder mehr Mitgliedstaaten.
  • Arbeitet ein Grenzgänger regelmäßig mehr als 25 % vom Wohnsitz aus (klassisches „Home-Office“), unterliegt die gesamte Tätigkeit grds. der Sozialversicherung des Wohnmitgliedstaats, bei weniger als 25 % „Home-Office“ der Sozialversicherung des Mitgliedstaats, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
  • Ab 1.7.2023 kann auf Grund einer Rahmenvereinbarung einiger Mitgliedstaaten der EU/EWR und der Schweiz auf Antrag auch bei Home-Office von Grenzgängern von bis zu unter 50 % das Recht des Mitgliedstaats, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat, für anwendbar erklärt werden.

Im Einzelnen ist hinsichtlich der Anwendung der ab dem 1.7.2023 geltenden Rahmenbedingungen zu beachten:

  • Mit „grenzüberschreitender Telearbeit“ ist eine Tätigkeit gemeint, die ortsunabhängig erbracht werden kann. Der Begriff der „Telearbeit“ stammt aus dem Arbeitsrecht (Arbeitsstättenverordnung). Damit werden Arbeitsformen bezeichnet, bei denen Beschäftigte jedenfalls einen Teil ihrer Arbeit mithilfe eines vom Arbeitgeber fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatzes außerhalb des Betriebes erbringen. Obwohl das Arbeiten per IT-Verbindung zwingende Voraussetzung ist, muss diese nicht dauerhaft während der gesamten Arbeitszeit bestehen. Es wäre beispielsweise auch zulässig, sich zu Arbeitsbeginn bestimmte Aufgaben herunterzuladen und diese offline zu erledigen.
  • Das Rahmenabkommen gilt daher nicht für Personen, die im Wohnsitzstaat gewöhnlich eine andere Tätigkeit als grenzüberschreitende Telearbeit ausüben (der Begriff „Home-Office“ geht somit weiter) und/oder gewöhnlich eine Tätigkeit außerhalb des Wohnsitzstaats bzw. des Staates, in dem der Arbeitgeber ansässig ist (z.B. in einer Niederlassung in einem anderen Staat), ausüben. Zudem gilt sie nicht für Personen, die selbständig sind. Auch Beamte bzw. Beschäftigte bei in Deutschland ansässigen öffentlichen Arbeitgebern sind vom multilateralen Rahmenübereinkommen nicht erfasst.
  • Der Anteil der einzelnen örtlichen Tätigkeiten ist nach den allg. sozialversicherungsrechtlichen Regeln zu bestimmen. Hinsichtlich der Berechnung des im Wohnstaat ausgeübten maximal möglichen Anteils der Beschäftigung von 49,99 % ist die voraussichtliche Sachlage in den folgenden zwölf Kalendermonaten zu berücksichtigen. Dabei sind planbare Zeiten wie Urlaub, an denen die Beschäftigung nicht ausgeübt wird, zu berücksichtigen (im Gegensatz zu ungeplanten Ausfallzeiten wie Krankheit).
  • Da es sich um einen Antrag auf eine Ausnahmevereinbarung handelt, ist er in dem Staat zu stellen, dessen Sozialversicherungsrecht nach dem Rahmenübereinkommen gelten soll. Liegt der Arbeitgebersitz in Deutschland und soll unter den zuvor geschilderten Rahmenbedingungen deutsches Sozialversicherungsrecht zur Anwendung kommen, ist der Antrag vom Arbeitgeber an den GKV-Spitzenverband DVKA elektronisch zu übermitteln.
  • Das Rahmenübereinkommen ist am 1.7.2023 in Kraft getreten. Ein Antrag zu seiner Inanspruchnahme kann auch rückwirkend ab dem 1.7.2023 gelten, sofern er bis zum 30.6.2024 gestellt wird und in diesem Zeitraum durchgängig in Deutschland Sozialversicherungsbeiträge entrichtet wurden. Somit ist nach Inkrafttreten des Rahmenübereinkommens ein Jahr Zeit für die Antragstellung mit Gültigkeit ab 1.7.2023. Nach Ablauf des ersten Jahres kann ein Antrag nur noch für drei Monate rückwirkend gestellt werden, ebenfalls unter der Voraussetzung, dass in diesem Zeitraum durchgängig Sozialversicherungsbeiträge in Deutschland entrichtet wurden.
  • Teilnehmende Staaten sind die meisten EU-/EWR-Staaten und auch die Schweiz. Dänemark nimmt an dieser Regelung nicht teil.
  • Wenn die Bedingungen des Rahmenübereinkommens nicht erfüllt sind, wird der Antrag im Rahmen eines regulären Antrags auf Ausnahmevereinbarung nach Art. 16 Abs. 1 VO (EG) 883/04 auf Basis einer Ermessensentscheidung bearbeitet. Das Ergebnis hängt von der Prüfung und der Bewertung beider beteiligten Mitgliedstaaten ab.

Handlungsempfehlung:

Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ist komplex und kann nur für den Einzelfall erfolgen. Insoweit ist rechtlicher Rat einzuholen. Auch ist zu beachten, dass sich diese Rahmenübereinkommen ausschließlich auf den Bereich der Sozialversicherung beziehen und steuerlich eine separ