Umsetzung der EU-Gutschein-Richtlinie

Umsetzung der EU-Gutschein-Richtlinie

Bislang wird umsatzsteuerlich bei der Ausgabe von Gutscheinen wie folgt differenziert:

  1. Werden Gutscheine ausgegeben, die nicht zum Bezug von hinreichend bezeichneten Leistungen berechtigen, handelt es sich lediglich um den Umtausch eines Zahlungsmittels (z.B. Bargeld) in ein anderes Zahlungsmittel (Gutschein). Die Hingabe des Gutscheins selbst stellt keine Lieferung im umsatzsteuerlichen Sinne dar. Eine Anzahlung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes liegt ebenfalls nicht vor, da die Leistung nicht hinreichend konkretisiert ist. Erst bei Einlösung des Gutscheins unterliegt die Leistung der Umsatzsteuer.

Beispiele: a) Ein Kino stellt einen Gutschein aus, der sowohl für Filmvorführung als auch beim Erwerb von Speisen (z.B. Popcorn) und Getränken eingelöst werden kann. b) Ein Kaufhaus stellt einen Gutschein aus, der zum Bezug von Waren aus seinem Sortiment berechtigt. c) Ein Buchhändler stellt Geschenkgutscheine aus, die zum Bezug von Büchern oder Kalendern berechtigen.

  1. Werden dagegen Gutscheine über bestimmte, konkret bezeichnete Leistungen ausgestellt, unterliegt der gezahlte Betrag als Anzahlung der Umsatzbesteuerung. Bei Ausführung der Leistung unterliegt dann nur der ggf. noch zu zahlende Differenzbetrag der Umsatzsteuer.

Beispiele: a) Ein Restaurant stellt einen Gutschein über ein Frühstücks- und Lunchbuffet aus. b) Ein Kino erstellt Gutscheine über Filmvorführungen. c) Ein Fitnessstudio stellt einen Gutschein zur Benutzung der Sonnenbank aus.

Die umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen wird derzeit noch in der EU unterschiedlich gehandhabt. Mit dem Ziel einer Vereinheitlichung hat der Rat der Europäischen Union am 27.6.2016 die Richtlinie 2016/1065 (EU-Gutschein-Richtlinie) zur Änderung der MwStSystRL erlassen. Diese ist durch die Mitgliedsstaaten bis zum 31.12.2018 in nationales Recht umzusetzen. Die Anwendung erfolgt erstmals auf Gutscheine, die nach dem 31.12.2018 ausgegeben werden. Auch in Deutschland erfolgt nun eine nationale Umsetzung dieser EU-Richtlinie.

Zukünftig ist zu unterscheiden zwischen Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen:

  1. Einzweck-Gutschein: Ein Einzweck-Gutschein ist „ein Gutschein, bei dem der Ort der Lieferung der Gegenstände oder der Erbringung der Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Gegenstände oder Dienstleistungen geschuldete Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen“.
  2. Mehrzweck-Gutschein: Sind diese Kriterien nicht erfüllt, liegt ein Mehrzweck-Gutschein vor

Entscheidend ist also, ob der Gutschein die zu liefernde Ware oder zu erbringende Leistung so festlegt, dass umsatzsteuerlicher Ort und Mehrwertsteuersatz der späteren Lieferung oder Leistung bereits mit Ausgabe des Gutscheins eindeutig bestimmt sind. Insofern braucht der Gutschein also nicht auf eine konkrete Ware oder Dienstleistung ausgestellt zu sein, jedoch muss eben der Umsatzsteuerort und Umsatzsteuersatz der späteren Lieferung oder Leistung feststehen.

Die umsatzsteuerlichen Folgen der Ausgabe des Gutscheins stellen sich mithin wie folgt dar:

 Einzweck-Gutschein: Die Ausgabe eines Einzweck-Gutscheins gilt als eine Lieferung der Gegenstände oder Erbringung der Dienstleistungen, zu der der Gutschein berechtigt, so dass mit der Ausgabe des Gutscheins die Umsatzsteuer ausgelöst wird. Die tatsächliche Übergabe der Gegenstände oder die tatsächliche Erbringung der Dienstleistungen bei der späteren Einlösung des Gutscheins ist dann ohne umsatzsteuerliche Konsequenzen.

Hinweis:

Erfolgt die Gutscheinabgabe im eigenen Namen, wohingegen die eigentliche Leistungserbringung durch einen anderen Unternehmer erfolgt, liegt eine Kommissionskonstellation vor. Dies hat zur Konsequenz, dass zwei steuerbare Umsätze vorliegen, nämlich a) vom leistungserbringenden Unternehmer an den gutscheinausgebenden Unternehmer und b) von diesem an den Endverbraucher.

 Mehrzweck-Gutschein: Im Unterschied dazu ist für die Besteuerung von Mehrzweck-Gutscheinen deren Einlösung entscheidend.

Handlungsempfehlung:

Die neue gesetzliche Regelung ist zwar noch nicht beschlossen, wird aber auf Grund der EU-Vorgaben für Gutscheine, die nach dem 31.12.2018 ausgegeben werden, gelten. Dies erfordert, dass schon zum jetzigen Zeitpunkt individuell überprüft wird, ob sich durch die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen Änderungen ergeben. Ist dies der Fall, müssen die Abläufe in Kassensystemen und im Rechnungswesen angepasst werden.

Hinweis:

Zu beachten ist, dass ertragsteuerlich der Umsatz aus der Lieferung oder der Erbringung der Dienstleistung erst dann auszuweisen ist, wenn die Lieferung erfolgt ist bzw. die Leistung erbracht wurde. Erst dann ist der Umsatz im bilanzsteuerlichen Sinne realisiert. Ausweis der Umsatzsteuer und Umsatzverbuchung können also bei Einzweck-Gutscheinen zeitlich auseinanderfallen. Auch dies ist im Kassensystem und der Buchhaltung zu beachten:

–    Ausgabe des Gutscheins: Im Kassensystem ist bei Ausgabe des Gutscheins Umsatzsteuer zu buchen, z.B. „Gutschein 19 % USt“ – im Rechnungswesen ist dieser Vorgang auf ein separates Konto und zwar erfolgsneutral als Anzahlung/Verbindlichkeit zu buchen, die Umsatzsteuerschuld ist auszuweisen.

–    Einlösung des Gutscheins: Im Kassensystem ist dies ohne Umsatzsteuer zu buchen – z.B. „Gutschein Einlösung“ –. In der Buchhaltung ist dann zu buchen Anzahlung/Verbindlichkeit gegen Umsatzerlöse.