Steuerblick November 2017

Steuerblick November 2017

  1. Schenkungsteuerliche Behandlung der Abfindung für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch
  2. Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen und haushaltsnahe Dienstleistungen 
  3. Zuschüsse zu privaten Krankenversicherungen des Arbeitnehmers: Anwendung der 44 €-Freigrenze? 
  4. Kosten für das Vorhalten einer Wohnung können als Werbungskosten abzugsfähig sein 
  5. Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte: Betriebsbezogene Ermittlung der Begrenzung der Steuerermäßigung auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer 
  6. Nutzung gewerbesteuerlicher Verlustvorträge setzt die Fortführung des Unternehmens voraus
  7. Kein Verlustausgleich bei negativem Kapitalkonto infolge der Aufstellung einer negativen Ergänzungsbilanz

  

Schenkungsteuerliche Behandlung der Abfindung für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch

Verzichtet ein Erbberechtigter gegen Abfindung auf die Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruchs einschließlich etwaiger Pflichtteilsergänzungsansprüche, so löst diese Abfindung Schenkungsteuer aus. Für die Einstufung der Steuerklasse (in Bezug auf persönliche Freibeträge und den Steuersatz) und damit für die Berechnung der Schenkungsteuer ging die Rechtsprechung bislang davon aus, dass nicht das Verhältnis des Zuwendungsempfängers (Verzichtenden) zum Zahlenden, sondern zum künftigen Erblasser maßgebend ist. Der Bundesfinanzhof hält nun mit Urteil vom 10.5.2017 (Aktenzeichen II R 25/15) an dieser Rechtsprechung nicht länger fest. Für die Besteuerung eines entsprechenden Erwerbs sei nach den allgemeinen Regeln das Verhältnis des Verzichtenden zum anderen gesetzlichen Erben maßgebend.

Diese geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs führt dazu, dass der Zeitpunkt der Vereinbarung eines Pflichtteilsverzichts steuerliche Auswirkungen sowohl bezüglich der Höhe des Freibetrags als auch der Steuerklasse hat:

  • Wird die Vereinbarung über den Verzicht zwischen den Geschwistern zu Lebzeiten getroffen, so ist die Schenkungsteuer nach der Steuerklasse II zu berechnen. Die Steuer ist also mit vergleichsweise hohen Steuersätzen und einem persönlichen Freibetrag von nur 20 000 € zu berechnen.
  • Erfolgt die Vereinbarung nach dem Erbfall, so gilt die Abfindung auf Grund ausdrücklicher gesetzlicher Regelung als vom Erblasser zugewendet. Mithin kommt die Steuerklasse I zur Anwendung, also mit günstigeren Steuersätzen und einem persönlichen Freibetrag in Höhe von 400 000 €.

Handlungsempfehlung:

Im Einzelnen sind derartige Fälle nicht nur zivilrechtlich, sondern auch steuerlich komplex, so dass stets fachlicher Rat einzuholen ist.

Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen und haushaltsnahe Dienstleistungen

Hinsichtlich der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen und haushaltsnahe Dienstleistungen ist auf drei aktuelle Entscheidungen der Finanzgerichte hinzuweisen: 

  • Versorgung und Betreuung eines Haustiers als haushaltsnahe Dienstleistung: Nach der Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts vom 1.2.2017 (Aktenzeichen 12 K 902/16) sind Aufwendungen für die Betreuung von Hunden auch dann als haushaltsnahe Dienstleistungen steuerbegünstigt, wenn die Hunde des Stpfl. nicht in dessen Haushalt betreut, sondern von einer Betreuungsperson abgeholt und nach der Betreuungszeit wieder zum Stpfl. zurückgebracht werden.

Hinweis:

Die Finanzverwaltung hingegen will nur dann Aufwendungen als begünstigt anerkennen, wenn die Betreuung im Haushalt des Stpfl. selbst erfolgt. Gegen das Urteil ist nun eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt worden, so dass diese Frage möglicherweise noch vom Bundesfinanzhof beurteilt werden wird (Aktenzeichen der Nichtzulassungsbeschwerde: VI B 436/17). 

  • Herstellung einer Haustür in der Werkstatt des Handwerkers: Das Finanzgericht Nürnberg bestätigt mit Urteil vom 4.8.2017 (Aktenzeichen 4 K 16/17) die Ansicht der Finanzverwaltung, wonach das für die Steuerermäßigung bei Handwerkerleistungen maßgebende Tatbestandsmerkmal „in einem Haushalt des Stpfl.“ nicht erfüllt ist, soweit die Handwerkerleistung mit der Herstellung der Haustür nicht im Haushalt des Stpfl., sondern in der Werkstatt des Handwerksbetriebs erbracht wurde. Die Stpfl. ließen im Oktober 2015 die Haustür ihres privaten Wohnhauses ersetzen. Hierfür wurden vom beauftragten Schreinereibetrieb insgesamt 4 688 € inklusive Umsatzsteuer in Rechnung gestellt. Ein Betrag von insgesamt 3 253 € entfiel auf den Werklohn für Herstellung und Montage der Haustür. Das Finanzamt erkannte diesen nicht als begünstigte Handwerkerleistungen an und versagte die Steuerermäßigung, da ein Nachweis, welcher Anteil des Werklohns auf die Herstellung der Tür und welcher Anteil auf die Montage vor Ort entfallen war, nicht erbracht wurde. Das Finanzgericht bestätigte diese Handhabe, da nur die Kosten angesetzt werden können, die auf im Haushalt des Stpfl. erbrachte Leistungen entfallen und hierfür sei kein Nachweis erbracht. Im Grundsatz stellt die Montageleistung (Einbau der neuen Haustür) vor Ort im Haushalt der Stpfl. eine begünstigte Handwerkerleistung dar.

Handlungsempfehlung:

Nach wie vor ist umstritten, welche Leistungen steuerlich begünstigt sind. Wenn Handwerkerleistungen sowohl unmittelbar im Haushalt des Stpfl. als auch in der Werkstatt des Handwerkers erbracht werden, sollte in der Handwerkerrechnung eine Aufteilung erfolgen, um zumindest einen Teil steuerlich geltend machen zu können. 

  • Nachträglicher Ansatz bei verspäteter Betriebskostenabrechnung: Weiterhin hat das Finanzgericht Köln mit Urteil vom 24.8.2016 (Aktenzeichen 11 K 1319/16) entschieden, dass ein Wohnungsmieter, der erst nach Bestandskraft seiner Einkommensteuerveranlagung dem Grunde und der Höhe nach Kenntnis über haushaltsnahe Dienstleistungen auf Grund der Betriebskostenabrechnung der Verwaltergesellschaft erlangt, eine Änderung der Steuerfestsetzung wegen neuer Tatsachen beanspruchen kann. Diese Änderung kann beim Finanzamt unter Erläuterung der konkreten Umstände und Nachweis der Betriebskostenabrechnung erfolgen.

Handlungsempfehlung:

Bei spät eingehenden Nebenkostenabrechnungen bzw. Betriebskostenabrechnungen sollte also geprüft werden, ob noch nachträglich eine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen beantragt werden kann.

Zuschüsse zu privaten Krankenversicherungen des Arbeitnehmers: Anwendung der 44 €-Freigrenze?

Finanzamt und Arbeitgeber stritten um die Anwendbarkeit der Freigrenze von monatlich 44 €, die bei Sachlohnzuwendungen gewährt wird. Im entschiedenen Fall bezuschusste die Arbeitgeberin die Beitragsleistungen ihrer Arbeitnehmer für eine private Zusatzkrankenversicherung. Die Arbeitnehmer waren selbst Versicherungsnehmer und daher auch selbst zur Zahlung der Versicherungsprämien verpflichtet. Die Arbeitgeberin trug einen Teil dieser Prämien dergestalt, dass sie ihren Arbeitnehmern, die eine derartige Zusatzversicherung abgeschlossen hatten, einen bestimmten Anteil auf deren Gehaltskonten überwies. Arbeitnehmer, die sich gegen den Abschluss der Zusatzversicherung entschieden hatten, konnten von der Arbeitgeberin keine wertgleichen Barlohnzahlungen verlangen. Das Finanzamt qualifizierte die Zuschüsse der Arbeitgeberin als Barlohn und behandelte sie als in vollem Umfang lohnsteuerpflichtig, da die 44 €-Freigrenze nur bei Sachlohn zur Anwendung kommt. Entscheidendes Argument war, dass der Arbeitgeber bei wirtschaftlicher Betrachtung seinen Arbeitnehmern die Beitragsleistungen zur Verfügung stelle.

Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern hat nun mit Urteil vom 16.3.2017 (Aktenzeichen 1 K 215/16) dagegen zu Gunsten der Arbeitgeberin entschieden, dass es sich um Sachlohn handele und daher die 44 €-Freigrenze zur Anwendung komme, was im Streitfall dazu führte, dass die Zuschüsse nicht der Lohnsteuer unterlagen.

Das Finanzgericht beruft sich auf die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Danach ist für die Abgrenzung von Bar- und Sachlohn der Rechtsgrund des Zuflusses entscheidend. Auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen ist zu ermitteln, welche Leistung der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann. Ein Sachbezug unterscheidet sich von Barlohn durch die Art des arbeitgeberseitig zugesagten und daher arbeitnehmerseitig zu beanspruchenden Vorteils selbst und nicht durch die Art und Weise der Erfüllung dieses Anspruchs. Kann der Arbeitnehmer lediglich die Sache selbst beanspruchen, liegen Sachbezüge vor. So stellt die Gewährung von Krankenversicherungsschutz durch eine vom Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer abgeschlossene Krankenversicherung Sachlohn dar, wenn der Arbeitnehmer auf Grund seines Arbeitsvertrags von seinem Arbeitgeber Versicherungsschutz verlangen kann.

Um Sachlohn handele es sich aber auch dann, wenn der Arbeitgeber mit Zahlungen an seine Arbeitnehmer die von diesen selbst zu zahlenden Beiträge zu einer Zusatzkrankenversicherung bezuschusst und seine Arbeitnehmer diese Zahlungen – wie im Streitfall – nur dann beanspruchen können, wenn sie eine entsprechende Zusatzkrankenversicherung abgeschlossen haben, und nur soweit diese Zuschüsse die von ihnen gezahlten Beiträge für die Zusatzkrankenversicherung nicht übersteigen. Überlässt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer unmittelbar einen Geldbetrag, sei dies eine Sachlohnzuwendung, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber – wie im Streitfall – lediglich die Übernahme der Kosten für einen Sach- oder Dienstleistungsbezug oder dessen Bezuschussung beanspruchen kann, der arbeitsrechtliche Anspruch also nicht lediglich auf eine reine Geldleistung gerichtet ist.

Hinweis:

Gegen diese Entscheidung ist nun unter dem Aktenzeichen VI R 16/17 die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig, so dass eine endgültige Klärung des Streitfalls noch offen ist. In vergleichbaren Fällen kann aber in Erwägung gezogen werden, die 44 €-Freigrenze anzuwenden. Um ein Risiko des Arbeitgebers zu vermeiden, können betroffene Arbeitnehmer die 44 €-Freigrenze im Rahmen einer (Antrags-)Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen und das Finanzamt auf das anhängige Revisionsverfahren hinweisen.

Kosten für das Vorhalten einer Wohnung können als Werbungskosten abzugsfähig sein

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 1.6.2017 (Aktenzeichen 3 K 3278/14) entschieden, dass Aufwendungen für das Vorhalten einer (ungenutzten) Wohnung als Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn das Vorhalten ausschließlich aus beruflichen Gründen erfolgt. Bei der Prüfung, ob private Gründe für das Vorhalten der Wohnung keine Rolle gespielt haben, ist allerdings ein strenger Maßstab anzulegen.

Die Stpfl. arbeitete seit 1998 in einer Großstadt mit starkem Wohnungsmangel und bewohnte dort eine 2,5-Zimmer-Wohnung mit 65 qm. Nach der Geburt ihrer Tochter im Jahr 2010 beantragte sie Elternzeit und zog zu ihrem Lebensgefährten in eine andere Stadt. Die bisherige Wohnung behielt sie jedoch bei, da Auszug, spätere Wohnungssuche und erneuter Einzug mit erheblichem finanziellem wie organisatorischem Aufwand verbunden gewesen wären. Ein Zimmer vermietete sie unter, um die Kosten gering zu halten. In dem nicht untervermieteten Zimmer hatte sie weiterhin ihre Möbel stehen, war jedoch nur etwa 2 Tage pro Monat dort wegen eines noch abzuschließenden, von ihr betreuten Forschungsprojekts. Ursprünglich sollte der Familienwohnsitz mit dem Kind am Arbeitsort des Lebensgefährten bleiben und die Stpfl. nach dem Ende der Elternzeit wieder auf ihrer Vollzeitstelle in der Großstadt arbeiten. Inzwischen taten sich für die Stpfl. jedoch andere berufliche Möglichkeiten auf, so dass der ursprüngliche Plan, die frühere Arbeit wieder aufzunehmen, von ihr aufgegeben wurde. Stattdessen schloss sie am 28.3.2012 anderenorts einen Arbeitsvertrag zum 1.4.2012 und kündigte am 22.4.2012 die Wohnung in der Großstadt. Kurz vor Ablauf der Elternzeit kündigte sie auch ihr früheres Arbeitsverhältnis. Für die Wohnung in der Großstadt wendete die Stpfl. im Streitjahr 2011 5 563,30 € auf, wobei in diesem Betrag die Einnahmen aus der Untervermietung bereits mindernd berücksichtigt waren. Das Finanzamt versagte den Abzug dieses Betrags als Werbungskosten. Unterkunftskosten wären grundsätzlich Kosten der privaten Lebensführung. Eine doppelte Haushaltsführung hätte nicht vorgelegen.

Das Finanzgericht ließ dagegen den Werbungskostenabzug zu. Die Aufwendungen für das Vorhalten der Wohnung waren zwar keine Kosten für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung, da die Stpfl. in dieser Wohnung im Streitzeitraum gar keinen Haushalt geführt, sich kaum darin aufgehalten hat. Sie waren jedoch als Werbungskosten anderer Art abziehbar. Das Gericht war in tatsächlicher Hinsicht davon überzeugt, dass das Vorhalten der Wohnung ausschließlich aus beruflichen Gründen erfolgte und denkbare andere – also private – Gründe entweder gar nicht oder allenfalls völlig geringfügig und untergeordnet vorlagen.

Entscheidend für das Gericht war zum einen der Umstand, dass die Stpfl. am bisherigen Wohnort nicht lediglich eine vage Aussicht auf ein Arbeitsverhältnis hatte oder gar nur die Absicht, sich dort zu bewerben, sondern ein unbefristetes und ungekündigtes Arbeitsverhältnis, lediglich unterbrochen durch Mutterschutzzeit und Elternzeit, vorlag. Die Stpfl. hätte daher ohne Weiteres nach Ende der Elternzeit in der Großstadt wieder arbeiten können. Ab dann hätte auch gar kein Zweifel bestanden, dass mit der Familienwohnung eine doppelte Haushaltsführung am Beschäftigungsort in der Großstadt vorgelegen hätte (Wegverlegungsfall).

Zum anderen war für das Gericht besonders bedeutsam, dass die Kündigung der (vorgehaltenen) Wohnung im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses und damit der beruflichen Umorientierung der Stpfl. erfolgt war.

Handlungsempfehlung:

Im konkreten Fall ist also sorgfältig nachzuweisen, dass das Vorhalten der Wohnung ganz oder zumindest nahezu ausschließlich beruflich bedingt ist. Dies erfordert eine sorgfältige Dokumentation des Geschehensablaufs.

Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte: Betriebsbezogene Ermittlung der Begrenzung der Steuerermäßigung auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer

Bei Einkünften aus Gewerbebetrieb wird dem Einzelunternehmer bzw. dem Gesellschafter einer Personengesellschaft bei dessen Veranlagung zur Einkommensteuer eine Steuerermäßigung gewährt. Ziel dieser Steuerermäßigung ist ein weitgehender Ausgleich der Vorbelastung des Gewerbebetriebs mit Gewerbesteuer. Die Steuerermäßigung beträgt im Grundsatz das 3,8-Fache des Gewerbesteuer-Messbetrags des Gewerbebetriebs. Bei einer Personengesellschaft wird der für die Personengesellschaft festgestellte Gewerbesteuer-Messbetrag auf die zum Ende des Erhebungszeitraums beteiligten Gesellschafter anhand des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels aufgeteilt. Die Berechnung der Steuerermäßigung mit einem pauschalen Faktor von 3,8 führt dazu, dass ein vollständiger Ausgleich der Vorbelastung mit Gewerbesteuer bei einem Hebesatz von 400 % erreicht wird. Ist der Hebesatz höher als 400 % – wie in vielen Großstädten, wo der Hebesatz in einzelnen Fällen sogar über 500 % liegt –, so ist der Ausgleich der Vorbelastung mit Gewerbesteuer nicht vollständig und es verbleibt auch nach der Steuerermäßigung bei der Einkommensteuer noch ein Teil der Belastung durch die Gewerbesteuer.

Um nun aber bei Hebesätzen unter 400 % durch den fixen Berechnungsfaktor von 3,8 eine Überkompensation der Vorbelastung mit Gewerbesteuer durch die Steuerermäßigung zu verhindern, hat der Gesetzgeber festgelegt, dass die Steuerermäßigung bei der Einkommensteuer begrenzt ist auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer. Insofern war bislang aber strittig, wie diese Begrenzung zu handhaben ist, wenn der Stpfl. mehrere Gewerbebetriebe bzw. mehrere Beteiligungen an Personengesellschaften besitzt, welche teilweise in Gemeinden mit hohem Gewerbesteuer-Hebesatz und teilweise in Gemeinden mit niedrigem Gewerbesteuer-Hebesatz betrieben werden. Insoweit wurde diskutiert, die Begrenzung als Summe über alle gewerblichen Einkunftsquellen, also personenbezogen, zu berechnen oder aber für jede gewerbliche Einkunftsquelle separat, also betriebsbezogen.

Der Bundesfinanzhof hat nun mit Urteil vom 20.3.2017 (Aktenzeichen X R 12/15) diese Frage dahingehend entschieden, dass eine betriebsbezogene Betrachtung angezeigt ist. Es ist also für jede gewerbliche Einkunftsquelle separat zu prüfen, ob die Begrenzung der Steuerermäßigung auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer greift. Sogar bei einer mehrstöckigen Struktur – wenn also der Stpfl. an einer Personengesellschaft beteiligt ist und diese wiederum selbst eine Beteiligung an einer Personengesellschaft hält – ist insoweit betriebsbezogen zu rechnen und für jede dieser Ebenen die potenzielle Steuerermäßigung in Höhe des 3,8-Fachen des Gewerbesteuer-Messbetrags mit der tatsächlich gezahlten Gewerbesteuer zu vergleichen.

Hinweis:

Dies verdeutlicht, dass die Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb nicht in allen Fällen das gewünschte Ziel erreicht, nämlich den Ausgleich der Vorbelastung mit Gewerbesteuer. Gerade dann, wenn der Stpfl. an mehreren Gewerbebetrieben bzw. gewerblichen Personengesellschaften beteiligt ist bzw. die Personengesellschaft, an der die Beteiligung besteht, selbst wiederum Beteiligungen an gewerblichen Personengesellschaften hält, ist die Berechnung der Steuerermäßigung bei der Einkommensteuer komplex und erfordert detaillierte Informationen von und zu den einzelnen Gewerbebetrieben.

Nutzung gewerbesteuerlicher Verlustvorträge setzt die Fortführung des Unternehmens voraus

Die Nutzung gewerbesteuerlicher Verluste ist sowohl an die Unternehmer- als auch an die Unternehmensidentität geknüpft. Das Finanzgericht Nürnberg hat insoweit mit Urteil vom 25.10.2016 (Aktenzeichen 1 K 1229/14) entschieden, dass auch bei einer grundstücksvermietenden gewerblich geprägten Personengesellschaft (in der Regel also eine GmbH & Co. KG) die für den gewerbesteuerlichen Verlustvortrag erforderliche Unternehmensidentität nur gegeben ist, soweit der Vermietungsbetrieb, der den Verlust hervorgebracht hat, fortbesteht.

Die Veräußerung der Immobilie und damit die Aufgabe der Vermietungstätigkeit führten im Streitfall zum Wegfall der Unternehmensidentität. Insbesondere entfiel mit der Veräußerung die funktional wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebs und es kam zu einer wesentlichen Veränderung der Zusammensetzung des Aktivvermögens, sodass nach dem Gesamtbild der wesentlichen Merkmale nicht von einer wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Fortsetzung des Gewerbebetriebs ausgegangen werden konnte.

Hinweis:

Die Nutzung gewerbesteuerlicher Verlustvorträge ist also bei Aufgabe bzw. wesentlicher Umstrukturierung der Geschäftstätigkeit in Gefahr, was unter Hinzuziehung steuerlichen Rats überprüft werden sollte.

Kein Verlustausgleich bei negativem Kapitalkonto infolge der Aufstellung einer negativen Ergänzungsbilanz

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 18.5.2017 (Aktenzeichen IV R 36/14) klargestellt, dass in die Ermittlung des für den steuerlichen Verlustausgleich eines Kommanditisten maßgebliche Berechnung des Kapitalkontos eine etwaige steuerliche Ergänzungsbilanz einzubeziehen ist. Wird das Kapitalkonto unter Berücksichtigung einer negativen Ergänzungsbilanz negativ, sind Verluste, die zu einer Erhöhung des Negativsaldos führen, nicht ausgleichsfähig, sondern können nur in zukünftigen Jahren verrechnet werden (sog. verrechenbare Verluste). Eine tatsächlich geleistete Einlage in das Gesamthandsvermögen steht damit bis zur Höhe des zugleich in der negativen Ergänzungsbilanz ausgewiesenen Negativkapitals nicht als Verlustausgleichsvolumen zur Verfügung.

Für Kommanditisten gebildete Sonderbilanzen bleiben hingegen bei der Bestimmung des maßgebenden Kapitalkontos außer Ansatz, bedingt dadurch, dass etwaige Sondergewinne oder Sonderverluste bei der Feststellung der Höhe des für den Kommanditisten festzustellenden verrechenbaren Verlusts ebenfalls nicht zu berücksichtigen sind, also uneingeschränkt bei der Veranlagung des Gesellschafters anzusetzen sind.

Hinweis:

Dies verdeutlicht, dass die steuerliche Gewinnermittlung äußerst vielschichtig und komplex ist. Im Urteilsfall wurde durch Nutzung des § 6b EStG ein Grundstück im Ergebnis ohne Aufdeckung stiller Reserven in die Personengesellschaft eingebracht, was technisch durch Erstellung einer negativen Ergänzungsbilanz erfolgte. Dies minderte nun aber das Potenzial für den Verlustausgleich.