Steuerblick Mai 2023

Lohnsteuer: Neue Programmablaufpläne rückwirkend zum 1.1.2023

Durch das Jahressteuergesetz 2022, welches erst im Dezember 2022 verkündet wurde, wurde der Arbeitnehmer-Pauschbetrag (von 1 200 € auf 1 230 €) und der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, der bei Anwendung der Steuerklasse II berücksichtigt wird, um 252 € auf 4 260 € angehoben. Auf Grund der erst im Dezember 2022 erfolgenden Verkündung des Gesetzes konnten diese Änderungen nicht mehr in die Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug 2023 aufgenommen werden. Diese Programmablaufpläne sind die Basis für die Berechnung der Lohnsteuer mit den Entgeltabrechnungsprogrammen. Die FinVerw hat nun geänderte Programmablaufpläne bekannt gegeben. Diese geänderten Pläne sind ab dem 1.4.2022 anzuwenden, was sich dem Anwender in einem Update des Entgeltabrechnungsprogramms zeigt. Da die gesetzlichen Änderungen aber bereits zum 1.1.2023 in Kraft getreten sind, gilt hinsichtlich der Anwendung:

  • Der vor dem 1.4.2023 für die Monate Januar bis März 2023 unter Berücksichtigung der bisherigen Programmablaufpläne aus November 2022 vorgenommene Lohnsteuerabzug ist vom Arbeitgeber grundsätzlich unter Berücksichtigung der neuen Programmablaufpläne zu korrigieren. Damit werden im Regelfall mit der Lohnabrechnung für April 2023 Korrekturen für die Monate Januar bis März 2023 ausgelöst.
  • Die Verpflichtung zur Neuberechnung der Lohnsteuer besteht nicht, wenn z.B. der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber keinen Arbeitslohn mehr bezieht, weil z.B. das Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich beendet wurde.

Hinweis:

Bei Anwendung der Steuerklasse II wird nur der Grundbetrag des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende i.H.v. 4 260 € berücksichtigt. Zusätzlich wird ein Erhöhungsbetrag für das zweite und jedes weitere Kind i.H.v. 240 € jährlich gewährt, was aber der Eintragung eines Freibetrags in den Lohnsteuerabzugsmerkmalen bedarf. Insoweit muss der Stpfl. beim Finanzamt einen Antrag im Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren stellen.

Handlungsempfehlung:

Es sollte darauf geachtet werden, dass vor Durchführung der Lohnabrechnungen für den April 2023 die neuen Programmablaufpläne im Entgeltabrechnungsprogramm durch ein entsprechendes Programmupdate berücksichtigt worden sind.


Zukunftsfinanzierungsgesetz: Mitarbeiterbeteiligungen und privater Vermögensaufbau sollen attraktiver werden

Gemeinsam vom BMF und vom BMJ wurde nun der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftssicherungsgesetz) veröffentlicht. Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz soll der private Vermögensaufbau unterstützt und mehr privates Kapital für Zukunftsinvestitionen in Klimaschutz und Digitalisierung mobilisiert werden. Es wird als erforderlich angesehen, die Leistungsfähigkeit des deutschen Kapitalmarkts zu stärken und die Attraktivität des deutschen Finanzstandorts als bedeutenden Teil eines starken Finanzplatzes Europa zu erhöhen. Insbesondere Start-ups, Wachstumsunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) als Treiber von Innovation soll der Zugang zum Kapitalmarkt und die Aufnahme von Eigenkapital erleichtert werden.

Aus steuerlicher Sicht sind insbesondere folgende Punkte herauszustellen:

  • Die Arbeitnehmersparzulage soll ab 2024 unabhängig vom Einkommen gewährt werden. Um die Attraktivität der Anlage vermögenswirksamer Leistungen in Vermögensbeteiligungen zu erhöhen, wird der Höchstbetrag für die geförderten vermögenswirksamen Leistungen mit einer Anhebung auf 1 200 € verdreifacht. Die höchstmögliche Arbeitnehmer-Sparzulage beträgt danach ab 2024 240 € p.a. (1 200 € x 20 %). Bisher sind es 80 € (400 € x 20 %).
  • Die Steuerbefreiung für den Vorteil des Arbeitnehmers im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung von Vermögensbeteiligungen (Aktien, GmbH-Anteile etc.) am Unternehmen des Arbeitgebers soll mit Wirkung ab 2024 von derzeit 1 440 € auf 5 000 € angehoben werden. Allerdings werden nur noch solche Vorteile steuerfrei gestellt, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden und nicht mehr in Form einer Entgeltumwandlung.
  • Mit verschiedenen Änderungen sollen die steuerlichen Vorschriften zur aufgeschobenen Besteuerung der geldwerten Vorteile aus Vermögensbeteiligung von Arbeitnehmern ausgeweitet werden und damit insbesondere die Gewährung von Unternehmensanteilen als Vergütungsbestandteil für die Unternehmen und deren Beschäftigte attraktiver gestaltet.

Hinweis:

Im Gesetzgebungsverfahren können sich insoweit noch Änderungen ergeben.


Grundsteuerwertbescheide auf den 1.1.2022 – Prüfung und ggf. Einlegung von Rechtsmitteln

Die erforderliche Neubewertung sämtlicher Grundstücke um die darauf aufbauende Grundsteuer, die die Kommunen erheben, auf eine verfassungskonforme Grundlage zu stellen, geht voran. Die Abfolge ist wie folgt:

bis 31.1.2023

Abgabe der Feststellungserklärung durch den Grundstückseigentümer

aktuell

Prüfung und Bearbeitung der Feststellungserklärungen durch die Finanzämter und Erlass von

–             Grundsteuerwertbescheid und

–             Grundsteuermessbetragsbescheid

2024

Festlegung der Grundsteuer-Hebesätze durch die jeweilige Kommune und Erlass der Grundsteuerbescheide

ab 2025

Erhebung der Grundsteuer durch die Kommunen auf Basis der neuen Wertfeststellungen

Verfahrensrechtlich ist zu beachten, dass der Grundsteuerwertbescheid Grundlagenbescheid für den Grundsteuermessbetragsbescheid ist und dieser ist wiederum Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid. Die maßgebliche Ermittlung des Grundsteuerwerts erfolgt in dem Grundsteuerwertbescheid. Dort fließen insbesondere die Ermittlungsgrundlagen ein, wie Art des Grundstücks, Grundstücksfläche, vorhandene Nutzung und Wohnungen, Wert des Grund und Bodens und auch Eigentümer, denen der Grundsteuerwert zuzurechnen ist. Verfahrensrechtlich ist sehr wichtig, dass Einwendungen hiergegen nur gegen den Grundsteuerwertbescheid erhoben werden können und nicht mehr gegen die Folgebescheide.

Insoweit ist eine sorgfältige Prüfung der vom Finanzamt ergehenden Grundsteuerwertbescheide erforderlich. Innerhalb eines Monats nach Ergehen des Bescheids (Einspruchsfrist) kann Einspruch gegen den Bescheid eingelegt werden und eine Korrektur begehrt werden. Dies kann sowohl mögliche Fehler des Finanzamtes als auch Fehler in der Feststellungserklärung betreffen. Ist z.B. die Wohnfläche nicht richtig ermittelt und erklärt worden, so kann dies in diesem Rahmen berichtigt werden.

Nach Ablauf der einmonatigen Einspruchsfrist ist der Grundsteuerwertbescheid grds. nicht mehr änderbar und bildet dann die zwingende Grundlage für die Folgebescheide. Allerdings ist gesetzlich vorgesehen, dass eine fehlerbeseitigende Fortschreibung erfolgen kann. Fortschreibungszeitpunkt für eine Korrektur zu Gunsten des Stpfl. ist dabei der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Fehler dem Finanzamt bekannt wird. Somit kann auch nach Ablauf der Einspruchsfrist beim Finanzamt eine fehlerbeseitigende Fortschreibung beantragt werden, wenn z.B. festgestellt wird, dass im Grundsteuerwertbescheid eine falsche Grundstücksfläche zu Grunde gelegt wurde. Wird diese fehlerbeseitigende Fortschreibung z.B. im April 2023 beantragt, so erfolgt nach Prüfung durch das Finanzamt ein geänderter Grundsteuerwertbescheid auf den 1.1.2023.

Diskutiert wird auch die Frage, ob gegen Grundsteuerwertbescheide vorsorglich Einspruch eingelegt werden soll. Dies vor dem Hintergrund, dass die Verfassungsmäßigkeit der neuen Grundsteuer diskutiert wird. Insoweit sind zwei Ansatzpunkte zu nennen:

  1. Die Ermittlung der Grundsteuerwerte erfolgt sowohl im Bundesmodell als auch in den Ländermodellen sehr stark typisierend. Dies ist nach der Rechtsprechung des BVerfG auch grundsätzlich zulässig. Fraglich ist allerdings, ob die sehr starke Typisierung im Einzelfall zu einer Verletzung des Übermaßverbots führt. Dies insbesondere deshalb, weil der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes ausdrücklich nicht zulässig ist.
  1. Daneben stehen die finanziellen Auswirkungen der Grundsteuer erst nach Festsetzung der nachfolgenden Grundsteuerbescheide durch die Gemeinden fest. Zu diesem Zeitpunkt werden aber die Grundsteuerwertbescheide als Grundlagenbescheide regelmäßig bereits bestandskräftig sein. Insoweit wird diskutiert, ob dies gegen das Bestimmtheitsgebot verstößt.

Werden nun individuell Einsprüche gegen Grundsteuerwertbescheide mit solchen Begründungen eingelegt, so dürften die Erfolgsaussichten aktuell sehr vage sein. Allerdings sind bereits Musterverfahren anhängig, so dass ein Ruhen des eigenen Verfahrens beantragt werden kann.

Sinnvoll kann es sein, in einem ersten Schritt die Auswirkungen der neuen Bewertung zumindest grob abzuschätzen. Zwar stehen die materiellen Auswirkungen endgültig erst dann fest, wenn der zukünftige Grundsteuer-Hebesatz der jeweiligen Gemeinde feststeht. Jedoch kann ein Vergleich des nun festgestellten Grundsteuermessbetrags mit dem bisherigen Grundsteuermessbetrag einen ersten Eindruck über die Auswirkungen der neuen Bewertung geben.

Handlungsempfehlung:

Jeder nun erlassene Grundsteuerwertbescheid sollte eingehend auf mögliche Fehler geprüft werden und eine erste Abschätzung der Folgen auf die Höhe der zukünftigen Grundsteuerbelastung erfolgen.


Sofortmeldepflicht in bestimmten Branchen

In bestimmten Branchen gilt (bereits seit längerem) eine Sofortmeldepflicht für neue Mitarbeiter mit dem Ziel, Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung zu bekämpfen. Diese ist dringend zu beachten, da ansonsten empfindliche Bußgelder fällig werden können. Arbeitgeber müssen den Tag des Beginns der Beschäftigung spätestens melden, wenn der Mitarbeitende die Tätigkeit aufnimmt. Dies gilt für folgende Branchen:

  • Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,
  • Schaustellergewerbe,
  • Baugewerbe,
  • Personenbeförderungsgewerbe,
  • Speditions-, Transport- und das damit verbundene Logistikgewerbe,
  • Unternehmen der Forstwirtschaft,
  • Gebäudereinigungsgewerbe,
  • Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen,
  • Fleischwirtschaft,
  • Prostitutionsgewerbe,
  • Wach- und Sicherheitsgewerbe.

Zusätzlich müssen die Beschäftigten zur Feststellung ihrer Identität während der Arbeit ihren Personalausweis, Pass, Passersatz oder Ausweisersatz mitführen. Der Arbeitgeber muss die Mitarbeitenden darüber nachweislich schriftlich aufklären und den Nachweis in den Entgeltunterlagen aufbewahren.

Handlungsempfehlung:

Der Arbeitgeber übermittelt die Sofortmeldung mit dem Abgabegrund „20“ und den persönlichen Daten des Arbeitnehmers ausschließlich elektronisch im Rahmen des DEÜV-Meldeverfahrens. Bei der Übermittlung der Meldungen wird die zentrale Empfängerbetriebsnummer der DSRV: 66667777 genutzt. Die Sofortmeldung kann aus den Entgeltabrechnungsprogrammen abgegeben werden.

Die Sofortmeldung ersetzt nicht die reguläre Anmeldung zur Sozialversicherung nach der Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung (DEÜV). Diese erfolgt vielmehr zusätzlich nach den üblichen Regeln.


Kurzarbeitergeld: Korrekturen nach Abschlussprüfung und Sozialversicherungsentgelte

Kurzarbeitergeld wird zunächst von der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen einer vorläufigen Entscheidung gewährt. Nach Ende des Kurzarbeitergeldbezugs werden die abgerechneten Bezugszeiträume abschließend geprüft. Aktuell finden insbesondere die Abschlussprüfungen für die in den Zeiten der Corona-Pandemie gewährten Kurzarbeitergelder statt. Diese Abschlussprüfungen können zu Korrekturen des vorläufig bewilligten Kurzarbeitergeldes führen. In diesen Fällen sind die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger bislang davon ausgegangen, dass keine beitragsrechtlichen Korrekturen zu veranlassen sind. An dieser Meinung wird nun nicht mehr festgehalten. Nach der Verlautbarung vom 14.2.2023 gelten insoweit folgende Regelungen und Übergangsregelung: 

  • Entgeltabrechnungszeiträume bis Dezember 2022: Soweit Arbeitgeber nach den bisherigen Leitlinien verfahren haben, also im Falle der Korrektur von Kurzarbeitergeld keine beitragsrechtlichen Korrekturen veranlasst haben, wird dies für Entgeltabrechnungszeiträume bis zum Dezember 2022 nicht beanstandet.
  • Entgeltabrechnungszeiträume ab Januar 2023: Wird in den Fällen, in denen Kurzarbeit im Betrieb wirksam vereinbart worden ist, im Zuge der abschließenden Prüfung festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld für Entgeltabrechnungszeiträume ab Januar 2023 nicht vorgelegen haben, hat der Arbeitgeber – neben der Rückzahlung etwaiger Kurzarbeitergeldleistungen – die notwendigen beitragsrechtlichen Korrekturen vorzunehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Leistung vollständig oder nur teilweise (beispielsweise bei fehlerhaftem Ansatz der Ausfallstunden) zurückgefordert wird. Dies gilt für gegebenenfalls neben dem vermeintlichen Kurzarbeitergeld geleistete beitragsfreie Aufstockungsbeträge zum Kurzarbeitergeld entsprechend.

Hinweis:

Eine Belastung der Arbeitnehmer mit dem vom Beschäftigten zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags kann rückwirkend nur für die drei letzten Lohnabrechnungszeiträume geltend gemacht werden. Daher wird im Regelfall der Arbeitgeber nachzuzahlende Sozialversicherungsbeiträge insgesamt tragen.


Hinzurechnung von Aufwendungen für die Anmietung von Werbeflächen?

Ein häufiger und materiell auch bedeutsamer Streitpunkt in der Praxis ist die Hinzurechnung von Miet-/Pachtaufwendungen bei der Gewerbesteuer. Umstritten und höchstrichterlich noch nicht geklärt ist die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für die Anmietung von Werbeflächen (anteilig) bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer wieder hinzuzurechnen sind.

Hierzu ist hinzuweisen auf die Entscheidung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg v. 23.8.2022 (Az. 5 K 5101/20). Im Urteilsfall betrieb der Stpfl. eine im Sachverhalt als „B-Park“ bezeichnete Einrichtung – offenbar einen Freizeitpark – und warb über Werbedienstleister für sein Unternehmen auf Flächen an U-Bahnen, S-Bahnen, Straßenbahnen, Bahnhöfen, anderweitigem öffentlichem Raum, an Autobahnen und in Gaststätten. Die genutzten Flächen standen nicht im Eigentum der eingeschalteten Dienstleister. Das Finanzamt wollte die Aufwendungen für die Nutzung der Werbeflächen der Gewerbesteuerhinzurechnung unterwerfen. Das FG hat dagegen die Hinzurechnung abgelehnt. Entscheidungserheblich für das Gericht war, dass nach dessen Ansicht die angemieteten Werbeflächen nicht zum fiktiven Anlagevermögen der Stpfl. gehörten, da es der Gegenstand ihres Unternehmens nicht gebot, ein derartiges Wirtschaftsgut ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb vorzuhalten. Der Geschäftszweck erforderte es nicht, Werbeträger im Anlagevermögen vorzuhalten. Vielmehr war es die freie und regelmäßig neu vorzunehmende Entscheidung der Stpfl., ob und in welchem Umfang sie aus Werbezwecken Werbeflächen nutzen wollte.

Hinweis:

Damit entscheidet das FG ausdrücklich anders als das Niedersächsische FG in der Entscheidung vom 11.11.2021 (Az. 10 K 29/20). In dieser Entscheidung ging es um Aufwendungen für die Überlassung von Werbeflächen, u.a. Banden- und Trikotwerbung. Die Revisionsverfahren beim BFH unter III R 5/22 (gegen Niedersächsisches FG) und III R 36/22 bleiben abzuwarten.

Handlungsempfehlung:

In vergleichbaren Fällen sollten Bescheide ggf. verfahrensrechtlich offengehalten werden, um von den ausstehenden Revisionsverfahren ggf. profitieren zu können.


Vermietung von Wohncontainern an Erntehelfer unterliegt dem ermäßigten Umsatzsteuersatz

Ausdrücklich ist gesetzlich geregelt, dass sich die Umsatzsteuer auf 7 % ermäßigt für die Vermietung u.a. von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Dies betrifft klassischerweise z.B. Hotelübernachtungen. Der BFH hat nun aber mit Urteil vom 29.11.2022 (Az. XI R 13/20) entschieden, dass der ermäßigte Umsatzsteuersatz insoweit nicht nur die Vermietung von Grundstücken und mit diesen fest verbundenen Gebäuden erfasst, sondern allgemein die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen durch einen Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden und damit auch die Vermietung von Wohncontainern an Erntehelfer.

Im Urteilsfall ging es um einen Landwirt, der Spargel und Beeren anbaut. Dieser beschäftigte saisonal Erntehelfer, an die er Wohncontainer vermietete. Die Wohncontainer waren nicht in das Erdreich eingelassen, sondern standen auf Steinsockeln und waren über gepflasterte Wege zu erreichen. Für deren Nutzung wurde eine tägliche Miete vereinbart. Auch beim eigenen Personal handele es sich um zur Beherbergung aufgenommene „Fremde“, sodass die Vermietungsleistung dem ermäßigten Steuersatz unterlag.

Hinweis:

Diese Entscheidung hat Bedeutung über den entschiedenen Einzelfall hinaus. So unterliegt z.B. auch die Vermietung von Mobilheimen auf Campingplätzen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz.


BFH hat gegen die Höhe der Säumniszuschläge bei einem strukturellen Niedrigzinsniveau keine verfassungsrechtlichen Bedenken

Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 % des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten. Teilweise werden diese vergleichsweise hohen Säumniszuschläge in Anbetracht des lange Zeit sehr niedrigen Zinsniveaus für verfassungsrechtlich zweifelhaft angesehen.

Der BFH hat nun aber mit Entscheidung vom 15.11.2022 (Az. VII R 55/20) klargestellt, dass gegen die Höhe des Säumniszuschlags auch bei einem strukturellen Niedrigzinsniveau keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Die Rechtsprechung des BVerfG zur Höhe der Nachzahlungszinsen lasse sich nach Ansicht des Gerichts nicht auf Säumniszuschläge übertragen.

Die Vollverzinsung von Steuernachzahlungen soll stark typisierend objektive Zins- und Liquiditätsvorteile erfassen, die dadurch entstehen, dass zwischen der Entstehung des Steueranspruchs und seiner Fälligkeit nach Festsetzung ein Zeitraum von mehreren Jahren liegen kann. Nachzahlungszinsen sind dementsprechend weder Sanktion noch Druckmittel, sondern ein Ausgleich für die Kapitalnutzung. Anders ist dagegen die Funktion der Säumniszuschläge. Der im Vergleich zu den Zinsen erheblich höhere Säumniszuschlag ist in erster Linie ein Druckmittel eigener Art zur Durchsetzung fälliger Steuern und erfüllt primär eine bestrafende Funktion. Mit den Säumniszuschlägen wird das Ziel verfolgt, den Bürger zur zeitnahen Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen anzuhalten und die Verletzung eben jener Verpflichtung zu sanktionieren. Die Abschöpfung von Liquiditätsvorteilen ist damit nicht Haupt-, sondern nur Nebenzweck der Regelung.

Hinweis:

In Anbetracht der Höhe der Säumniszuschläge sollten in der Praxis Steuerzahlungen stets rechtzeitig erfolgen.