Grundstücksenteignung kein steuerlich relevantes privates Veräußerungsgeschäft

Grundstücksenteignung kein steuerlich relevantes privates Veräußerungsgeschäft

Werden vermietete Immobilien innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren nach dem Erwerb wieder verkauft, so wird der erzielte Veräußerungsgewinn steuerlich erfasst. Erfolgt die Veräußerung hingegen erst nach Ablauf dieses Zehnjahreszeitraums, bleiben die Wertsteigerungen der Immobilie insgesamt steuerfrei.

Auch wenn diese steuerliche Regelung zur Erfassung von Wertsteigerungen bei Verkauf innerhalb der Zehnjahresfrist schon lange existiert, stellen sich immer noch Abgrenzungsfragen. So war bislang ungeklärt, ob ein Eigentumsverlust durch Enteignung als Veräußerung anzusehen ist. Dies hat der Bundesfinanzhof nun mit Urteil vom 23.7.2019 (Aktenzeichen IX R 28/18) verneint.

Im Streitfall hatte der Stpfl. an einem unbebauten Grundstück im Jahr 2005 einen zusätzlichen Miteigentumsanteil durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung erworben. Hierdurch wurde er Alleineigentümer des Grundstücks. Im Jahr 2008 führte die Stadt, in der das Grundstück belegen war, ein Bodensonderungsverfahren durch und erließ einen dieses Grundstück betreffenden und an den Stpfl. gerichteten Sonderungsbescheid nach dem Bodensonderungsgesetz, mit dem das Eigentum an dem Grundstück auf die Stadt überging. Der Stpfl. erhielt eine Entschädigung i.H.v. 600 000 € für das gesamte Grundstück. Das Finanzamt sah in der Enteignung in Bezug auf den in der Zwangsversteigerung erworbenen Miteigentumsanteil ein Veräußerungsgeschäft und wollte den erzielten Gewinn versteuern.

Der Bundesfinanzhof verneinte dies aber. Entscheidend ist, dass die Begriffe „Anschaffung“ und „Veräußerung“ als Merkmale eines privaten Veräußerungsgeschäfts entgeltliche Erwerbs- und Übertragungsvorgänge erfassen, die wesentlich vom Willen des Stpfl. abhängen; sie müssen Ausdruck einer wirtschaftlichen Betätigung sein. An einer willentlichen Übertragung auf eine andere Person fehlt es, wenn – wie im Falle einer Enteignung – der Verlust des Eigentums am Grundstück ohne maßgeblichen Einfluss des Stpfl. (und ggf. auch gegen seinen Willen) stattfindet. In gleicher Weise kann es am willentlichen Erwerb bei Rechtsgeschäften zur Vermeidung einer Enteignung oder Umlegung fehlen.