Grundsteuerwertbescheide auf den 1.1.2022 – Prüfung und ggf. Einlegung von Rechtsmitteln

Die erforderliche Neubewertung sämtlicher Grundstücke um die darauf aufbauende Grundsteuer, die die Kommunen erheben, auf eine verfassungskonforme Grundlage zu stellen, geht voran. Die Abfolge ist wie folgt:

bis 31.1.2023 Abgabe der Feststellungserklärung durch den Grundstückseigentümer
aktuell Prüfung und Bearbeitung der Feststellungserklärungen durch die Finanzämter und Erlass von

–             Grundsteuerwertbescheid und

–             Grundsteuermessbetragsbescheid

2024 Festlegung der Grundsteuer-Hebesätze durch die jeweilige Kommune und Erlass der Grundsteuerbescheide
ab 2025 Erhebung der Grundsteuer durch die Kommunen auf Basis der neuen Wertfeststellungen

Verfahrensrechtlich ist zu beachten, dass der Grundsteuerwertbescheid Grundlagenbescheid für den Grundsteuermessbetragsbescheid ist und dieser ist wiederum Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid. Die maßgebliche Ermittlung des Grundsteuerwerts erfolgt in dem Grundsteuerwertbescheid. Dort fließen insbesondere die Ermittlungsgrundlagen ein, wie Art des Grundstücks, Grundstücksfläche, vorhandene Nutzung und Wohnungen, Wert des Grund und Bodens und auch Eigentümer, denen der Grundsteuerwert zuzurechnen ist. Verfahrensrechtlich ist sehr wichtig, dass Einwendungen hiergegen nur gegen den Grundsteuerwertbescheid erhoben werden können und nicht mehr gegen die Folgebescheide.

Insoweit ist eine sorgfältige Prüfung der vom Finanzamt ergehenden Grundsteuerwertbescheide erforderlich. Innerhalb eines Monats nach Ergehen des Bescheids (Einspruchsfrist) kann Einspruch gegen den Bescheid eingelegt werden und eine Korrektur begehrt werden. Dies kann sowohl mögliche Fehler des Finanzamtes als auch Fehler in der Feststellungserklärung betreffen. Ist z.B. die Wohnfläche nicht richtig ermittelt und erklärt worden, so kann dies in diesem Rahmen berichtigt werden.

Nach Ablauf der einmonatigen Einspruchsfrist ist der Grundsteuerwertbescheid grds. nicht mehr änderbar und bildet dann die zwingende Grundlage für die Folgebescheide. Allerdings ist gesetzlich vorgesehen, dass eine fehlerbeseitigende Fortschreibung erfolgen kann. Fortschreibungszeitpunkt für eine Korrektur zu Gunsten des Stpfl. ist dabei der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Fehler dem Finanzamt bekannt wird. Somit kann auch nach Ablauf der Einspruchsfrist beim Finanzamt eine fehlerbeseitigende Fortschreibung beantragt werden, wenn z.B. festgestellt wird, dass im Grundsteuerwertbescheid eine falsche Grundstücksfläche zu Grunde gelegt wurde. Wird diese fehlerbeseitigende Fortschreibung z.B. im April 2023 beantragt, so erfolgt nach Prüfung durch das Finanzamt ein geänderter Grundsteuerwertbescheid auf den 1.1.2023.

Diskutiert wird auch die Frage, ob gegen Grundsteuerwertbescheide vorsorglich Einspruch eingelegt werden soll. Dies vor dem Hintergrund, dass die Verfassungsmäßigkeit der neuen Grundsteuer diskutiert wird. Insoweit sind zwei Ansatzpunkte zu nennen:

  1. Die Ermittlung der Grundsteuerwerte erfolgt sowohl im Bundesmodell als auch in den Ländermodellen sehr stark typisierend. Dies ist nach der Rechtsprechung des BVerfG auch grundsätzlich zulässig. Fraglich ist allerdings, ob die sehr starke Typisierung im Einzelfall zu einer Verletzung des Übermaßverbots führt. Dies insbesondere deshalb, weil der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes ausdrücklich nicht zulässig ist.
  1. Daneben stehen die finanziellen Auswirkungen der Grundsteuer erst nach Festsetzung der nachfolgenden Grundsteuerbescheide durch die Gemeinden fest. Zu diesem Zeitpunkt werden aber die Grundsteuerwertbescheide als Grundlagenbescheide regelmäßig bereits bestandskräftig sein. Insoweit wird diskutiert, ob dies gegen das Bestimmtheitsgebot verstößt.

Werden nun individuell Einsprüche gegen Grundsteuerwertbescheide mit solchen Begründungen eingelegt, so dürften die Erfolgsaussichten aktuell sehr vage sein. Allerdings sind bereits Musterverfahren anhängig, so dass ein Ruhen des eigenen Verfahrens beantragt werden kann.

Sinnvoll kann es sein, in einem ersten Schritt die Auswirkungen der neuen Bewertung zumindest grob abzuschätzen. Zwar stehen die materiellen Auswirkungen endgültig erst dann fest, wenn der zukünftige Grundsteuer-Hebesatz der jeweiligen Gemeinde feststeht. Jedoch kann ein Vergleich des nun festgestellten Grundsteuermessbetrags mit dem bisherigen Grundsteuermessbetrag einen ersten Eindruck über die Auswirkungen der neuen Bewertung geben.

Handlungsempfehlung:

Jeder nun erlassene Grundsteuerwertbescheid sollte eingehend auf mögliche Fehler geprüft werden und eine erste Abschätzung der Folgen auf die Höhe der zukünftigen Grundsteuerbelastung erfolgen.